Estland
Allgemeines
Estland (estn.: Eesti) ist ein baltischer Staat in Nordosteuropa. Seit dem 1. Mai 2004 ist es Mitglied der Europäischen Union.
Name
Eesti Vabariik
Republik Estland
Amtssprache
Estnisch
Hauptstadt
Tallinn
Premierminister
Juhan Parts
Fläche
45.227 km²
Einwohnerzahl
1,4 Mio.
Bevölkerungsdichte
31 Einwohner pro km²
Unabhängigkeit
20. August 1991
Währung
Estnische Krone
Zeitzone
UTC +2
Nationalhymne
Mu isamaa, mu õnn ja rõõm
Kfz-Kennzeichen
EST
Internet-TLD
.ee
Vorwahl
+372
Hotels
Geografie
Finnischer Meerbusen
Estland grenzt an Lettland,Russland sowie an die Ostsee. Über den Finnischen Meerbusen hinweg bestehen enge Beziehungen zu Finnland. Das Land ist flächenmäßig etwas kleiner als Niedersachsen und etwas größer als die Schweiz.
Flora und Fauna
Neben Hirschen, Rehen und Füchsen kommen auch Elche, Biber, Marder und vereinzelt Rentiere vor.
Geschichte
Um 800 werden die Esten erstmals erwähnt. Anfang des 13. Jahrhunderts wurden sie von Dänemark aus missioniert. Im 1356 wurden die Esten vom deutschen Orden unterworfen. Seitdem lebten in Estland viele Deutsche. Das Mittelalter war von der Zugehörigkeit der estnischen Städte zur Hanse und deren Kontakten nach Skandinavien geprägt. 1561 wurde Estland schwedisch. 1721 wurde Estland unter Peter dem Großen russisch und bildete eines der drei Ostseegouvernements. 1918 erklärte sich Estland für unabhängig. 1920 anerkannte das bolschewistische Russland die Unabhängigkeit Estlands im Frieden von Dorpat „auf alle Zeiten“ an. Das damals wie Lettland über eine tolerante Minderheitsgesetzgebung verfügende Land erlebte eine wirtschaftliche wie kulturelle Blüte, die 1934 abrupt durch einen autoritären Umsturz durch Konstantin Päts beendet wurde. 1939 marschierten auf Grund des Hitler-Stalin-Paktes sowjetische Truppen in Estland ein. Der bis dahin oft dominante deutschsprachige Teil der Oberschicht (Adel, Gutsbesitzer, Kaufleute, viele Akademiker) wurde nach Westpreußen ausgesiedelt.
Zwischen 1941 und 44 war Estland von deutschen Truppen besetzt. Das Land stand seit dem 5. Dezember 1941 als Generalbezirk Estland im Rahmen des Reichskommissariats Ostland unter deutscher Zivilverwaltung und litt unter dessen grausamer Genozid-Politik. Die schwedischsprachige Minderheit (zumal auf den Inseln) wurde von Schweden aufgenommen. In der Nachkriegszeit wurde die Estnische SSR errichtet, die vom Westen nicht anerkannt, aber hingenommen wurde. Wegen einer massiven Einwanderung überwiegend russischsprachiger Zuwanderer wurden die Esten in den östlichen Regionen z. T. zu einer Minderheit im eigenen Land. Im Jahr 1990 erklärte Estland seine Souveränität, die es 1991 zusammen mit Litauen und Lettland durchsetzen konnte: am 20. August 1991 erklärt der Oberste Rat die Unabhängigkeit des Landes. Anfangs galt Estland politisch und wirtschaftlich als instabil. Im Laufe der 1990er Jahre erlebte die Wirtschaft einen Aufschwung („Baltischer Tiger“). Am 29. März wurde 2004 Estland Mitglied der NATO. Zum 1. Mai trat Estland der EU bei. Außenpolitisch orientiert sich Estland an den skandinavischen Ländern. Die estnischen Nationalfarben sind diejenigen des Vereins studierender Esten, einer Studentenverbindung.
Politik
Am 14. September 2003 stimmten die Esten über den Beitritt zur Europäischen Union ab. Die Wahlbeteiligung lag bei 64 %. Mit einer Mehrheit von 66,9 % Ja-Stimmen zu 33,1 % Nein-Stimmen votierten die Bürger für die Mitgliedschaft in der EU. Ergebnisse der Europawahlen 2004 Wahlbeteiligung: 26,89 % Partei % Sitze Sozialdemokraten 36,8 3 Zentrumspartei 17,5 1 Reformpartei 2,2 1 Vaterlandsbund 10,5 1
Wirtschaft
Nach skandinavischem Vorbild organisierte Estland nach dem Fall der Mauer sein Gemeinwesen völlig um: wenig Hierarchien, viel Transparenz der staatlichen Organe, moderne Kommunikationstechnik. Dies hat sich offenbar schnell bezahlt gemacht: Das BIP 2002 betrug 6,8 Mrd. €, das Wirtschaftswachstum betrug 5,8 %, die Inflationsrate 3,6 %. Vorherrschender Industriezweig ist die Nahrungsmittel- und Elektroindustrie. In E-Stonia kam es in nur wenigen Jahren zu einer wahren elektronischen Revolution: 74 % der Bevölkerung haben ein Mobiltelefon (2004) und per Gesetz garantiert Estland den Zugang ins Internet, indem es öffentliche Internetstellen eingerichtet hat, die die Bürger kostenfrei nutzen können. Bedeutung haben außerdem die Hochseefischerei und die Möbelherstellung. Wichtigste Wirtschaftspartner sind die nordeuropäischen Länder, insbesondere das benachbarte Finnland. Tourismus: Estland ist das nördlichste und auch das kleinste Land der baltischen Staaten mit der geringsten Bevölkerungszahl (knapp 1,3 Millionen Einwohner, so viel wie München).
Berühmte Orte sind die Hauptstadt Tallinn, eine voll erhaltene mittelalterliche Stadt mit Dom, Stadtmauer und romantischen kleinen Gassen sowie einem Fährhafen mit Verbindung nach Rostock, Schweden und Finnland. Südöstlich von Tallinn liegt die alte Universitätsstadt Tartu. Zu Estland gehören schöne Inseln wie Saaremaa (Ösel) und Hiiumaa (Dagö) und Seen wie der Peipussee (drittgrößter See Europas). Estland ist ideal für Erholung in freier Natur. In Narva am gleichnamigen Fluss, der die estnisch-russische Grenze bildet, befindet sich mit der Hermannsfeste eine der größten Burgen Nordeuropas.
Verkehr
Das Verkehrsnetz ist gut ausgebaut. Die Straße und die Schifffahrt auf der Ostsee spielen die wichtigste Rolle, im Güterverkehr zudem auch die Eisenbahn in Form der Gesellschaft Eesti Raudtee. Hochseehäfen befinden sich in Tallinn und Pärnu. Von Süden nach Norden wird das Land von der Via Baltica durchquert. Am 28. September 1994 sank die estnische Fähre Estonia vor der Küste Finnlands auf der Überfahrt nach Stockholm, nachdem die Bugklappe auf hoher See abbrach. Bei dem Unglück starben 852 Menschen.
Europäisches Währungssystem
Am 27. Juni 2004 traten Estland und weitere zwei der 10 neuen EU-Länder dem Wechselkursmechanismus II bei – was der erste Schritt ist, um in frühestens 2 Jahren den Euro einzuführen. Estland, Litauen und Slowenien legten die Leitkurse ihrer Währungen zum Euro fest und verpflichten sich ab sofort, die Schwankungen unter ± 15 Prozent zu halten. Der Leitkurs für die estnische Krone ist nun 15.6466 pro Euro, was eine maximale Schwankungsbreite von (gerundet) 13.30 bis 17.99 Kronen bedeutet. Die Leitkurse der anderen Staaten sind: Litas 3.45380 und Tolar 239.640 pro Euro. Weiters verpflichtet sich Estland (wie auch Litauen) zu einer nachhaltigen Haushaltspolitik. Mit Dänemark gehören nun 4 Länder dem WKM II des Europäischen Währungssystems an.
Musik
Weltweit bekannt ist Arvo Pärt, ein zeitgenössischer Komponist moderner Klassik. Estland ist momentan auch sehr erfolgreich mit Acts wie Eda-Ines Etti und Vanilla Ninja in der europäischen Pop-Kultur integriert. Estland hat auch beachtliche Erfolge beim Eurovision Song Contest erreicht, den man 2001 gewann. Der Eurovision Song Contest 2002 fand daraufhin in Tallinn statt.
Kleidung und Reisegepäck
Kultur
Bedeutend ist seit alters her die Universität Tartu als einzige Volluniversität neben mehreren anderen Fachhochschulen und Hochschulen, darunter besonders die Technische Universität Tallinn. Die estnische Kultur orientiert sich wegen der Sprachnähe des Estnischen zum Finnischen stark an Finnland und wird sehr von Skandinavien aus beeinflusst. Das estnische Nationalepos ist der Kalevipoeg.
Homosexualität
In Estland sind einvernehmliche gleichgeschlechtliche Beziehungen unter Erwachsenen legal. Unabhängig von der sexuellen Orientierung liegt das Schutzalter bei 14 Jahren. Schwule werden vom Großteil der Bevölkerung ignoriert und leben ihre Sexualität mehr oder weniger im Verborgenen. In Estland gibt es für Lesben und Schwule weder gesetzlichen Antidiskriminierungsschutz noch die Möglichkeit einer gesetzlich eingetragenen Partnerschaft.
Religion
Ein Großteil der Esten ist heute konfessionslos. Religion spielt nurmehr für eine Minderheit der Bevölkerung eine Rolle. Traditionelle Religion der Esten ist der christliche Glaube in der Form des protestantischen Luthertums, wie er in Skandinavien weit verbreitet war. Heute bekennen sich noch etwa 32 % der Bevölkerung als Mitglieder in christlichen Kirchen bzw. Glaubensgemeinschaften. Davon sind: 14,88 % evangelisch-lutherisch 13,9 % orthodox ca. 6.000 Baptisten ca. 4.000 Zeugen Jehovas ca. 3.500 römisch-katholisch Daneben gibt es kleinere Gemeinden sonstiger protestantischer, jüdischer und z. T. islamischer Gemeinschaften.
Reiseführer und Reiseberichte
Literatur
Seraina Gilly, Der Nationalstaat im Wandel. Estland im 20. Jahrhundert, (= Arbeiten aus dem Historischen Seminar der Universität Zürich, Bd. 97) Bern/Berlin u. a. 2002, 676 S., 26 Abb., 4 Karten, ISBN 3-906769–19-4